Agile Enklaven sind häufig auf den ersten Blick erkennbar – an den Unmengen neonfarbener Post-Its und Flipcharts, die an den Wänden hochmoderner New Work-Team Spaces kleben.
Moment mal – wir reden hier über Cutting-Edge-Digitalisierungs-Projekte, die sich in Form knallgelber, giftgrüner und pinkfarbener Klebezettel und krakeliger Zeichnungen artikulieren? Warum sind unsere Scrum Master so bemüht, die sorgsam kolorierten Bürowände wild zu bekleistern?
Und wie passt das alles zusammen?!? Können wir das denn nicht viel effizienter über die Möglichkeiten moderner Präsentations- und Issue Tracking-Systeme realisieren?
Können wir vielleicht – wollen wir aber nicht.
Visualisierung heißt die Devise. Dahinter steckt die Intention, eine Idee, ein Konzept oder den Stand eines Projekts spontan zu kreieren, zu dokumentieren und für jedermann mit einem Blick erfassbar, präsent und greifbar zu machen. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
Einige Beispiele:
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Eine Idee wird – während sie mit der Gruppe geteilt wird – Schritt für Schritt am Whiteboard grafisch aufbereitet und ergänzt den Redefluss durch die visuelle Darstellung.
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Strichzeichnungen auf dem Flipchart – oft genau auf den Punkt und mitunter total witzig – nehmen einem Thema den Ernst und helfen der Gruppe, entspannt entscheiden zu können.
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Prozessdiagramme aus Post-Its entstehen im Handumdrehen und lassen sich schnell von jedem im Raum nach Bedarf umbauen. Im Gegensatz zu Powerpoint kann jeder einfach aufstehen und seine Sicht der Dinge darstellen. Damit wird die Hoheit über die Inhalte vom Präsentator auf die gesamte Gruppe erweitert. Co-Creation in Action.
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Jeden Morgen reflektiert das Team im Daily Scrum die Ereignisse des letztes Tages, indem es die Post-Its an der Team Wall umhängt.
Es entsteht ein wirklich authentisches Team Task Board mit Live Änderungen, die echten Personen zugeordnet werden können ohne Massen an Notifications und anonymen Änderungen, die keiner mitkriegt.
Es braucht kein Hochglanz-Powerpoint, erstellt durch Präsentations-Spezialisten im Backoffice. Solche Dokumente spiegeln fast immer die Meinung eines Einzelnen wieder, selten die Meinung einer Gruppe. Und es braucht das übrigens nicht mal auf Vorstands-Ebene.
Können Sie sich vorstellen, wie oft Vorstände und Geschäftsführer sich schon durch akkurat gestylte Folien mit Design Agency-gestylten Icons gelangweilt haben? Und können Sie sich vorstellen, wie oft diese glanzvoll präsentierten Pläne qualvoll baden gingen?
Executives mit hinreichend Erfahrung und Sichtweite über den Tellerrand der Vorstandskantine hinaus werden Sie damit nicht beeindrucken.
Wohl aber mit einer authentischen To-The-Point-Visualisierung, der man ansieht, dass sie das Produkt eines offenen Austauschs eines interdisziplinären Teams auf Augenhöhe ist.
Vorwärts gerichtete Unternehmenslenker wollen Ergebnisse eines Unternehmens, das sich in der Transition befindet – keine Erzeugnisse der Organisation von gestern.
Trauen wir uns was!
Trauen wir uns, Dinge radikal zu vereinfachen.
Trauen wir uns, etwas abzuliefern, das nicht perfekt, sondern nach Work-In-Progress aussieht.
Trauen wir uns, die Dinge so darzustellen, wie sie jetzt gerade sind, statt einen Anschein von Perfektion und Kontrolle zu erzeugen, der nicht der Realität entspricht.
Und trauen wir uns sich, den Executives unserer Organisation die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung abseits der Hochglanzfolien zuzutrauen.
Ich für meinen Teil liebe es, vom Team gemeinschaftlich entwickelte Ideen, Ansichten und Einsichten spontan, ungefiltert und pragmatisch darzustellen – und bin gerne Mitglied in der Gilde der Zettelkleber.
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Thanks, great article.